Achtsamkeit leben

Ankommen im Hier & Jetzt

Achtsamkeit leben - Ankommen im Hier & Jetzt

Über Achtsamkeit wird heutzutage viel gesprochen – doch nicht jedem ist klar, was dahintersteckt. Der Begriff, der schon seit Jahrhunderten zentraler Bestandteil der buddhistischen Lehre ist, klingt zunächst recht abstrakt. Wer sich mit Achtsamkeit auseinander setzt, wird erkennen, dass es sich weder um ein Modewort handelt, noch um ein Konzept, das ausschließlich buddhistisch interessierten Menschen vorbehalten ist. Was also bedeutet Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, ganz im Hier & Jetzt zu sein und den gegenwärtigen Moment bewusst zu erleben. Es geht darum, Körper und Geist wahrzunehmen und alles zu akzeptieren, was gerade ist.

Das klingt zwar simpel, ist in unserer schnelllebigen Zeit allerdings eine große Herausforderung. Wenn wir aufwachen, denken wir bereits ans Aufstehen, beim Zähne putzen denken wir ans Frühstück und beim Frühstück gehen wir im Kopf durch, was wir heute alles erledigen müssen. Die meiste Zeit sind wir in Gedanken in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Achtsamkeit fordert uns dazu auf, in der Gegenwart zu bleiben.

Warum Achtsamkeit immer wichtiger wird

Viele von uns bestreiten große Teile ihres Alltags im „Autopilot-Modus“: Wir durchlaufen tagtäglich unsere Routinen und reagieren auf wiederkommende Reize mit den immer gleichen Reaktionen. Zwar ist die Fähigkeit, Gewohnheiten zu entwickeln, wertvoll und macht uns überhaupt erst lebensfähig. Was jedoch schnell verloren geht, ist die Kunst, die kleinen, gewöhnlichen Dinge wahrzunehmen und auszukosten. Wie schmeckt der erste Schluck Kaffee am Morgen, wie fühlt sich der wärmende Sonnenstrahl im Gesicht an, was spüren wir, wenn unsere Kinder nach Hause kommen?

Problematisch ist zudem das hohe Stresslevel, das uns davon abhält, wirklich zur Ruhe zu kommen. Von früh bis spät kreist in vielen Menschen ein Gedankenkarussell, das selten Pause macht. In Anbetracht der Tatsache, dass wir heute an einem Tag die Menge an Informationen aufnehmen, die Menschen vor 250 Jahren in sieben Jahren aufgenommen haben, ist das nicht verwunderlich. Wir sind dauerhaft neuen Reizen und Informationen ausgesetzt, die wir verarbeiten müssen – wir stehen dauerhaft unter Stress.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Stress als größte gesundheitliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Wird Stress chronisch, kann er zu Depressionen, einem Burn-Out oder Herzinfarkt führen. Doch auch vermeintlich harmlose Symptome wie ständige innere Unruhe, Angst, Probleme mit Haut und Haar und Verdauungsbeschwerden können Anzeichen für zu viel Stress sein.

Wie Achtsamkeit wirkt

Als Gegenpol zu unserer schnellen, digitalen Welt wird also die Achtsamkeit immer wichtiger. Achtsamkeit holt uns zurück in den jetzigen Moment und sorgt für Entschleunigung. Anstelle von Multitasking tritt das bewusste Erleben des Augenblicks.

Häufig wird Achtsamkeit als Schlüssel zu einem erfüllten und glücklichen Leben gesehen – und zwar nicht, indem Probleme, Rückschläge und persönliche Krisen schöngeredet oder „wegmeditiert“ werden. Negative Emotionen sind im Sinne der Achtsamkeit gleichwertig mit positiven Emotionen: Alles was ist, darf sein. Indem wir uns unserer Gedanken und Gefühle bewusster werden, werden wir erkennen, dass ohnehin alles stets im Wandel ist und laufender Veränderung unterliegt. Auf diesem Weg stärken wir unsere innere Mitte.

Die positive Wirkung von Achtsamkeitspraxis auf Gesundheit und Wohlbefinden wird zunehmend wissenschaftlich belegt. Zahlreiche Verhaltenstherapeuten wenden bereits Achtsamkeitsübungen bei ihren Patienten an und erzielen damit positive Erfolge in der Behandlung von chronischen Schmerzen, Depressionen und Stress.

© Dominik Ketz / Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH

Wie wir unsere Achtsamkeit schulen können

Die klassischen Wege, die eigene Achtsamkeit zu trainieren, sind Meditation, Yoga und Achtsamkeitstrainings wie MBRS. MBSR steht für „mindfulness based stress reduction“ und wurde in den 70er Jahren vom Biologen Job Kabat-Zinn entwickelt. Innerhalb eines achtwöchigen Programms wird die eigene Wahrnehmung geschult, um einen besseren Umgang mit Stress zu erlernen.

Darüber hinaus können wir Achtsamkeit auch mit kleinen Übungen in unseren Alltag bringen. Wir können uns darin üben, nur eine Sache gleichzeitig zu tun und diese mit allen Sinnen wahrzunehmen. Beim Essen können wir zum Beispiel keine Zeitung mehr lesen, sondern uns ganz auf den Geschmack konzentrieren. Und in der Supermarktschlange nicht gleich das Handy herausholen, sondern die Wartezeit als kurze Pause in der Alltagshektik sehen.

Auch digitale Achtsamkeit spielt eine bedeutende Rolle. Wir sollten ab und zu reflektieren, wie oft wir unser Handy in die Hand nehmen und ob alles, was wir am Bildschirm tun, wirklich von Nutzen ist. Weniger Zeit am Handy bedeutet mehr Zeit für Familie, Freunde und uns selbst – ein guter Tausch!